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eine sprachliche intervention
december 2021 
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«ich fand diese ganze herangehensweise, die analyse, die bücher, die du genannt hast, die architekten, die du genannt hast... ist nur einer oder? – venturi. ah, und scott brown. die sind mir nicht nur nahe, sondern das finde ich sind auch die richtigen werkzeuge um da ranzugehen. mir fällt noch fischli/weiss ein,…» 

sternchen [*], doppelpunkt [:], binnen i [I], unterstrich [_], leerschlag [ ] - immer öfters sehen, lesen, hören und sprechen wir zeichen dieser art. oder eben auch nicht. letzteres werde ich im folgenden besprechen.  

wie kommt’s denn nun, dass ich einen solchen wert auf sprache, insbesondere in bezug auf ihren inklusiven und/oder exklusiven charakter lege? für mich ist sprache inhärent politisch und sprachbilder mit ein mittel, des diskurses wie stereotyp- [:innen] in unserer gesellschaft propagiert werden.

nun zum eigentlichen analyseobjekt: eine schlusskritik von master student:innen in der architektur. mir fällt zu beginn auf, wie sich die verhältnisse zwischen den drei hauptakteur-:innengruppe: den experten (hier brauche ich bewusst das generische maskulinum), den dozent:innen und den student:innen unterscheiden.

die zahlen:
2:0 experten
7:1 dozent:innen
2:3 student:innen


unter den experten und dozent:innen sind rund neun männer und eine frau. dies fällt nicht augenblicklich auf, sondern ist dahingehend schwierig, da die verteilung der student:innen eine ganz andere ist. dies ist jedoch nicht nur in der architektur so, sondern in den meisten disziplinen ist die verteilung der geschlechter in sogenannten höheren oder kaderstellen männer lastig. dies sehe ich, da ich mich des öfteren versuche aus meiner «bubble» zu bewegen. nun befinde ich mich zwar immernoch innerhalb der elitären sphäre der «höheren bildung» doch sind es da vor allem disziplinen, die nicht der geisteswissenschaften zuzuordnen sind, welche der sprache keine grosse macht/kraft beimessen und/oder keine sensibilisierung diesebzüglich innerhalb ihrers curriculums miteinbeziehen.

dies scheint auch einer der gründe zu sein, weshalb strikterweise von allen anwesenden personen im generischen maskulinum gesprochen wird. der dozent führt durch die schlusskritik, spricht seine, doch mehrheitlich weibliche, studierendenschaf mit «architekten» an, und sieht nicht wirklich, inwiefern dies eine dissonanz erzeugt. noch spannender ist jedoch, dass sich auch die einzige dozentin in diesem habitus wiederzufinden scheint. es geht jedoch weiter, alsbald die studentinnen zu wort kommen, habe ich doch – und dies ist natürlich von meiner feministischen ideologie geprägt – eine gewisse erwartungshaltung, dass doch «wenigstens sie» sprachlich für mehr inklusion sorgen könnten. hier ist natürlich zu bemerken, dass sich nicht jede weiblich gelesene person dem feminismus zugehörig fühlt
        nun zurück zur ebene der schlusskritik. ich erwische mich stets dabei den akt des genderns mitzudenken. stets platz für ein «:innen» nach einem generischen maskulinum einzuräumen. aber es geht noch weiter, indem die referenzen, welche die verschiedenen student:innen in ihren arbeiten vorstellen, auch hauptsächlich architekten sind. so wir deren schon priviligierte position in der hierarchie weiter gefestigt. unter anderem begünstigen das stetige zitieren und das sich von ihnen inspirieren ein weiterleben von architekten und lässt so kaum platz für architektinnen übrig. nun will ich nicht die arbeit von architekten per se schmälern, doch glaube ich, dass diese disproportionale präsenz von architekten schlichtweg einer tradierten bevorzugung, einem unkritischem usus und umgang zugrunde liegt. dies ist nicht nur in der architektur der fall, sondern zieht sich (wie schon gesagt) durch die meisten sphären unserer patriarchal geprägten gesellschaft. nichtsdestotrotz stellt genau dies einen locus dar, an welchem mensch intervenieren kann.

und doch hat die architektur defintiv ein problem mit der repräsentation von frauen*. inwiefern sie einen blindspot für andere marginalisierte gruppierungen hat, möchte ich hier nicht weiter aufführen, doch ist dies sicherlich ein punkt, den es zu bedenken gäbe . es gibt architekt:innen-paare (auch hier v.a. heterosexuelle paare, die somit die gesellschaftliche heteronormativität widerspiegeln), bei denen kollaborativ gearbeitet wurde, aber immer der mann mit preisen gekürt oder sein name repräsentativ für das ganze paar verwendet wurde. es gibt bestrebungen, wie in den meisten bereichen und disziplinen –in der retrospektive – auch architektinnen und ihre arbeit gezielt ins licht zu rücken, doch scheint dieser ansatz, zumindest in diesem einblick dieser schlusskritik, den ich hier erhalten habe, in keinerlei form eine (signfikante) gewichtung zu finden.

nun gibt es eine ausgabe, die – und dies nicht institutionell sondern durch arbeit und engagement von individuen – wenigstens temporär versucht aktiv ein jahrhundert langes erbe ein bisschen auf den kopf zu stellen. ich bin gespannt, von architektinnen zu lesen, die in vergangeheit geraten sind, von zeitgenössischen architektinnen zu lesen und wie sie sich in dieser sphäre bewegen und behaupten. dies bringt aber auch eine hoffnung mit sich, dass es innerhalb dieses kreises der architektur mehr und mehr frauen (und dies wäre mit anderen marginalisierten gruppierungen zu ergänzen) raum einnehmen.

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und weil das wort «intervention» im rahmen der vorgestellten arbeiten an dieser schlusskritik so oft vorgekommen ist, eigne ich mir dieses konzept an, und interveniere nicht nur mit diesem essay, sondern auch (in preskriptiver manier) in zitat(e) ein, die ich vernommen habe. vielleicht werden diese künftig in einer neuen, inklusiveren version zu hören sein.

ps: hier ein kurzer nachschub aus welcher position ich denn überhaupt schreibe. als weisser, cis-hetero mann bin ich mit ausreichend privilegien ausgestattet. als kind von migrant:innen aus dem kosovo und person, die muslimisch gelesen wird, erfahre ich dennoch einen fair share an diskriminierung. dies will ich nun aber nicht in irgendeinem sinn gegen andere diskriminierungserfahrungen «ausspielen», da dies keine olympiade der oppression sein soll, und «der ursprung» solcher diskriminerungen, meiner meinung nach gleich oder zumindest in ansätzen ähnlich zu lokalisieren ist.



 «ich fand diese ganze herangehensweise, die analyse, die bücher, die du genannt hast, die architekt[:innen], die du genannt hast... ist nur ein[e:r] oder? – [robert] venturi. ah, und [denise] scott brown [die natürlich kein afterthought ist]. die sind mir nahe, und ihre ansätze, finde ich, sind auch die richtigen werkzeuge um da ranzugehen. mir fallen noch [peter] fischli/[david] weiss ein, [oder jede andere künstlerin, die auch multimedia-installationen fertigt]…»